Dies ist kein Schloss.

Dies ist kein Schloss. Diese Behauptung zitiert die Frage nach Schein und Sein, sowie von Abgebildetem und Nachgebildetem. René Magritte stellte sie 1929 mit dem Schriftzug „Ceci n´est pas une pipe“ auf dem Bild einer Pfeife. Diese Infragestellung der Bilder ergriff Künstler, Kunsthistoriker und Philosophen gleichermaßen. Der Schriftzug hinterfragt.

Französisch. Gehasst von Friedrich Wilhelm I. Geliebt von dessen Sohn Friedrich II. Der eine schaffte alles Französische in Preußen ab, um seinen Staat zu sanieren, und er schaffte es. Der andere baute auf allem Französischen auf, um Preußen zu einer Kulturblüte zu verhelfen und er vermochte es.

Am Anfang war die Pfeife. Hier zuerst die des Soldatenkönigs, die er in seinem Tabakskollegium rauchte. Die einzige Mußezeit, die er sich gönnte, Pracht und Glanz verachtend.

Das Potsdamer Stadtschloss bewohnte er als Feldherr, Kommandeur und Gouverneur seiner frischen Garnisonstadt. Es war kein Palais des Repräsentierens, der Empfänge oder gar seiner Familie. Er befehligte seine Garde und ließ die preußische Armee aufmarschieren. Damals entstand das, was man noch heute für typisch preußisch erachtet. Französische Moden durften draußen bleiben. Sein Wohnsitz war nur ein Ort des Befehlens. Kein Schloss.

Sans, Souci. Dann kam der Sohn. Friedrich II., der alles Französische aufsog und verfeinern ließ nach seiner Manier. Der schwelgte in Prunk und Pracht, in seinem Rokoko. Nachdem sein Architekt Knobelsdorff dem Stadtschloss letzten Schliff gegeben hatte, verbrachte er die kalte Zeit hier. Im Sommer allerdings war er Musiker in Sans, Souci. Als Philosoph, Frühaufsteher, Kunstförderer und Musiker. Das Lustschloss thronte auf dem Weinberg und war die eigentliche Repräsentanz des Königs und zum Prahlen gab es das Neue Palais. Was würde der grämliche Alte Fritz wohl zum Wiederaufbau des Stadtschlosses heute sagen?

Dekadenz. Prächtig kommt nun dieser güldene Schriftzug daher. Hinter den Schlossmauern aus Gießbeton wird auch künftig nicht gethront, sondern getagt. Ein Schloss, für einen Landtag errichtet. Wer hätte 1848 davon zu träumen gewagt? Schlösser stürmen war ein Gedanke, Schlösser bauen sicherlich nicht. 

Abbild. Wir werden nach dem Wiederaufbau mit dem Bild des Schlosses zu tun haben, auch wenn es sich diesmal um ein dreidimensionales Abbild handelt, sogar betretbar. Neu geschaffen in den Grenzen seiner ursprünglichen Erscheinung, diskussionswürdig und mittendrin wird es die neue alte Mitte Potsdams markieren.

Gold. Schein und Sein. Hier scheint es einmal mehr. Vom Golde her. Das Blattgold ist gleichsam Farbe, Material und Werterhalt. Die wetterbeständige Ölvergoldung wird lange auf dem rötlichen Farbton des Putzes glanzvoll zur Geltung kommen (am Chinesischen Haus wurde vor 20 Jahren letztmalig vergoldet, und es ist heute noch wunderbar erhalten). Es ist noch schön, wenn es bereits vergeht und Vergänglichkeit an sich ablesen lässt.

Strahlen von Osten. Wie die aufgehende Sonne hinter Friedrichs Grab auf dem Weinberg ganz im Osten. Wie die Sonnen an den Pavillons in Sanssouci soll auch hier das Strahlen des Goldes, das Licht einfangen und weich ableiten. Ein sorgloses Strahlen. Den schönen Schein richten die Buchstaben auf die Betrachter, wenn das goldene Licht warm und weich auf sie fällt. Der Raum des Schlosshofs wird definiert über die Sonne, wenn man gen Osten blickt, wo es leuchtet. Durch das wandernde Licht der Sonne sich verändernd. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.

Ceci n´est pas un château. Das Schloss wird ein wahrhaft Erbautes sein. Ein Schloss?